Im November fand die 46. Tagung Forschung-Entwicklung-Innovation des Arbeitskreises Industrie und Wirtschaft der Deutschen Physikalischen Gesellschaft (DPG) in Bad Honnef statt. Die Veranstaltung unter dem Titel „Energie: Wende, Krise, Zukunft?“ schlug einen breiten Bogen von psychologischen Phänomenen in Bezug auf Veränderung über Betrachtung aktueller technischer Lösungen bis hin zu Zukunftsszenarien und Technologien, deren technische Reife vermutlich zu spät für die Energiewende sein wird.
Die Wärmewende wurde dort insbesondere während der Podiumsdiskussion unter dem Titel „Die Energiewende als Change-Prozess: Wo stecken wir und wie soll es weitergehen?“ betrachtet. Bei dieser saß unser Projektmitarbeiter Dr. Patrik Schönfeldt vom Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) im Panel. Er betonte insbesondere die Bedeutung des Wärmesektors zur Bereitstellung von Flexibilität für den Stromsektor. Es mache Sinn, Energie dann zu nutzen, wenn sie günstig produziert werden kann. Die thermische Trägheit der Wärmeversorgung liefere hier günstige Optionen.
Ebenfalls auf dem Panel saßen Dr. Gunter Erfurt, CEO Meyer Burger Technology AG, dem einzigen Hersteller von Solarzellen in Europa. Gemäß seiner Darstellung sei vor allem die Verbesserung von Produktionsprozessen Grund für sinkende Kosten der erneuerbaren Energien: Erhöhung von Energieausbeute und Langlebigkeit könne sogar bei steigenden Modulpreisen den Preis pro Kilowattstunde drücken. Dr. Walter Steinmann, Direktor des schweizerischen Bundesamtes für Energie A.D., beleuchtete vor allem die Struktur politischer Entscheidungsprozesse. Diese seien in der Schweiz durch ihre Konsensorientierung tendenziell stabiler, insbesondere in der Frage der Endlagerung von Atommüll. In derselben Frage stellte Dr. Guido Houben, stellvertretender Geschäftsführer der Transmutex AG, eine bislang vor allem in Fachkreisen bekannte Zukunftstechnologie vor, bei der Atommüll mittels Teilchenbeschleuniger reduziert werden kann. Er schätze, diese würde marktreif sein bevor Deutschland einen Standort für ein Endlager gefunden habe. Aus technischer Sicht sei auch die Nutzung der Abwärme des Prozesses für Fernwärme denkbar, in Deutschland jedoch politisch schwer umsetzbar. Die Panelteilnehmer waren sich einig, dass ein Revival der Kernspaltung In Deutschland nahezu ausgeschlossen sei. Ein Grund hierfür sei laut Schönfeldt auch der eingeschlagene Pfad hin zu erneuerbaren Energien. Selbst wenn diese nicht rund um die Uhr zur Verfügung stünden, müsste man ihre Nutzung einschränken, um träge Grundlastkraftwerke zu erlauben. Die Konkurrenz zu günstig produziertem Grünstrom mache Kernkraft schlussendlich auch unrentabel. Gefordert sei vielmehr eine Flexibilisierung des Energiesystems, wofür ein digitalisierter Wärmesektor ein solides Fundament bilden könne.
Insgesamt eine interessante Veranstaltungen, die verschiedenste Blickwinkel der Energiewende beleuchtet hat.